Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Mitglieder der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste!
Heute werden wir darüber entscheiden, ob der Eistreff von einer privaten Betreiber–gesellschaft weiter für seinen ursprünglichen Zweck genutzt wird. Ob weiterhin Eislauf für Schulen oder für Kinder, Jugendliche und Familien möglich ist bzw. ob die Eissportvereineweiter ihren Sport ausüben können – oder ob im Eistreff über die Bauzeit des Nahversorgungszentrums für 30 Monate ein Interimsmarkt eingerichtet wird.
Dass man seitens der Verwaltung versucht eine solche Entscheidung auf die Höhe der Pachtzahlung zu reduzieren, halten wir für sehr eindimensional. Für eine Entscheidung in dieser Tragweite gibt es durchaus weitere Gesichtspunkte:
Die finanzielle Situation der Gemeinde ist prekär, das ist keine Neuigkeit und beschäftigt uns seit geraumer Zeit. Aber die Entscheidung nur daran festzumachen, was kurzfristig die meisten Einnahmen verspricht, ist für uns zu kurz gedacht. Wir haben im Rahmen der Haushaltskonsolidierung und auch im Wahlkampf immer wieder gesagt, dass man defizitäre Einrichtungen der Gemeinde nicht unbedingt zerschlagen muss, um die finanziellen Belastungen für die Gemeinde auf ein erträgliches Maß zurück zu führen.
An den beiden Beispielen der Musikschule und der Gemeindebücherei konnte das sehr eindrucksvoll gezeigt werden. Für beide Einrichtungen hat man andere Betriebsformen gefunden, die das Angebot mehr der Nachfrage angepasst haben. Damit konnten die verbleibenden Aufwendungen für die Gemeinde in Richtung 10% Marke gebracht werden, ohne dafür die Angebote allzu sehr einschränken zu müssen.
Bei der heutigen Entscheidung geht es auch darum, diesen erfolgreichen Weg weiter zu verfolgen. Und dieser Weg ist noch nicht zu Ende. Wir wissen, dass Waldbronn noch einige sehr defizitären Einrichtungen unterhält, für die auch Lösungen gefunden werden müssen. Wollen wir diese auflösen oder überlegen wir uns gemeinsam ähnliche Lösungsansätze wie in den genannten Beispielen?
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Die Betreibergesellschaft hat ein schlüssiges und gut durchdachtes Konzept für den Weiterbetrieb des Eistreffs vorgelegt, bei dem die Gemeinde weitestgehend entlastet wird, ja sogar positive Einkünfte in Form einer Pacht erhält. Dass die Höhe der Pacht nicht mit dem Angebot von Aldi konkurrieren kann, liegt auf der Hand. Aber wir geben zu bedenken, dass der Pachtvertrag mit Aldi auch nur auf 30 Monate angelegt ist.
Was danach kommt steht in den Sternen. Das meinen wir durchaus ernst, weil schon mehrere Versuche gezeigt haben, dass bisher keine ernsthaften Alternativen gefunden werden konnten und Erfolge für weitere Versuche bezweifeln wir sehr.
Eine Unterbrechung des Betriebes und eine Wiederaufnahme nach 30 Monaten, so wie von der Verwaltung vorgeschlagen wurde, halten wir – zumindest für die Betreibergesellschaft – für nicht machbar. Wir glauben nicht, dass die Geldgeber weiter in dem Umfang zur Verfügung stehen würden oder dass die eissporttreibenden Vereine dann noch so existieren. Auch glauben wir nicht daran, dass die Besucherzahlen wieder auf das jetzige Niveau zubringen sind, damit ein wirtschaftlicher Betrieb gesichert wäre. Auch glauben wir, dass dasehrenamtliche Engagement durch eine solche Zwangspause sehr leiden würde und dieses ist ein wichtiger Teil des Konzeptes der Betreibergesellschaft.
Möglicherweise bliebe uns bei einem solchen Szenario dann nur der Blick auf eine Ruine unter Beibehaltung der laufenden Kosten. Für uns kann das keine Lösung sein!
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Wenn es der Gemeindeverwaltung hauptsächlich um die Maximierung der Erträge (Anmerkung für 30 Monate) geht, dann fragen wir uns schon, warum andere bisher vorgebrachten Vorschläge für eine Übergangslösung für Aldi nicht ernsthaft weiterverfolgt wurden. Aldi selbst hat von sich aus Interesse an der Nutzung der Festhalle für die Übergangszeit angemeldet. Diese und weitere Möglichkeiten wurden zu einseitig abgewürgt ohne sich ernsthaft um Lösungsansätze zu bemühen. Aus finanzieller Sicht hätte dadurch die Aussicht auf doppelte Pachteinnahmen bestanden.
Aber es gibt noch einen zweiten Gesichtspunkt. Wenn für Aldi die Einrichtung eines Interimsmarktes so wichtig ist, halten wir es geradezu für fahrlässig, sich nur auf einen Ansatz festzulegen und sich nicht um Alternativen zu kümmern. Denn davon auszugehen, dass die Entscheidung heute unbedingt positiv zugunsten von Aldi ausgeht, halten wir gelinde gesagt für etwas naiv.
Wir, die Aktiven Bürger, unterstützen das bürgerschaftliche Engagement derBetreibergesellschaft, weil wir wollen, dass – wie eingangs gesagt – das eingeschlagene Konzept zur Umstrukturierung defizitärer Einrichtungen der Gemeinde Schritt für Schritt weiterverfolgt wird, welches auf nachhaltige Wirkung und nicht auf kurzfristigen Erfolg ausgelegt ist.
Die ehrenamtlich organisierte Betreibergesellschaft hat ein schlüssiges Konzept vorgelegt, wie sie den Eistreff weiter betreiben bzw. wie sie den Betrieb finanzieren und managen wollen. Uns hat das Konzept überzeugt und wir unterstützen dieses Vorhaben.
Mit Blick auf die Ziele und Absichten können wir feststellen, dass sich die ehrenamtliche Betreibergesellschaft bewusst der Verantwortung stellt und dass der soziale Charakter für dieses Vorhabens auch im Fokus steht. Dafür sprechen nicht nur die selbstgesetzten Ziele und das ehrenamtliche Engagement, sondern auch dass sie als gemeinnützige gGmbH vorhaben den erwirtschafteten Gewinn für soziale Zwecke an die Gemeinde oder an eine noch zu gründende Bürgerstiftung weiter geben wollen. Wir begrüßen auch die Ehrlichkeit im Rennen um die Höhe der Pacht, dass sie auf dem Boden geblieben sind und sich nicht zu optimistischen Angaben haben hinreißen lassen.
Wir haben Vertrauen in dieses Vorhaben und deshalb sagen wir den Verantwortlichen unsere weitere Unterstützung zu. Schade finden wir, dass des Öfteren Zweifel an der Seriosität an der Form der Finanzierung geschürt wurden. Wir schätzten die Offenheit und das Vertrauender Betreibergesellschaft uns Einblicke in die Unterlagen zur Finanzierung zu gewähren, um uns von der Seriosität der Angaben zu überzeugen.
Gerne haben wir, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Herr Kurt Bechtel, und ich in meiner Eigenschaft als Fraktionsvorsitzender der Aktiven Bürger das Angebot angenommen und haben am vergangenen Freitag eine Sichtung der Unterlagen vornehmen können. Selbstverständlich haben wir zugesagt aus Datenschutzgründen Namen und Einzelbeträge vertraulich zu behandeln.
Wir haben die Unterlagen gesichtet und die Zusammenstellung der schriftlichen Zusagen in Stichproben verifiziert. Als Ergebnis können wir bestätigen, dass die Vorgänge übersichtlich und nachvollziehbar dokumentiert vorlagen. Die schriftlichen Zusagen lagen getrennt für die finanziellen Beteiligungen, für die Kreditzusagen und für die Spendenankündigungen vor. Selbstverständlich unter dem Vorbehalt einer positiven Entscheidung des Gemeinderates, so wie es im Aufruf zum Crowdfunding ausgeschrieben war. An der Ernsthaftigkeit der Zusagen für dieses Vorhaben war nicht zu zweifeln.
Nach aktuellem Stand liegen vor:
Dies ergibt in Summe den Betrag von 205.885 €, der der Betreibergesellschaft zugesagt ist. Es verdient großen Respekt und hohe Anerkennung, dass mit Hilfe von diesem Crowdfunding-Verfahren Zusagen in dieser Höhe zustande kamen. Das zeugt von einem großen Willen und einer enormen Bereitschaft diesen Eistreff für Waldbronn und die Nutzer aus der gesamten Region zu erhalten und mit ihrem Konzept den finanziellen Aufwand für die Gemeinde zu neutralisieren.
Man hat uns glaubhaft versichert, dass diese Mittel ausschließlich aus Liquiditätsgründen für die Aufnahme des Betriebs benötigt werden und nicht zur Abdeckung eines betriebswirtschaftlichen Defizits geplant sind. Mit Blick auf den vorgelegten Wirtschafts- und Liquiditätsplans sehen wir die Finanzierung damit auf sicheren Beinen.
Die Fraktion der Aktiven Bürger stimmt geschlossen für die Betreibergesellschaft.
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Wir sehen auch das Anliegen von Aldi eine übergangsmäßige Versorgung der Kunden von Waldbronn und Umgebung anzubieten. Wir sind aber überzeugt, dass sich hier bei gutem Willen Lösungen finden lassen. Darauf vertrauen wir und sagen für das Finden einer Lösung auch unsere Unterstützung zu.
Waldbronn. 13.05.2020
Hubert Kuderer, Fraktionsvorsitzender der Aktiven Bürger Waldbronn