Haushaltsrede der Fraktion Aktive Bürger Waldbronn, 18. Dez. 2019
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
die Aufstellung des Haushaltsplanes 2020 stellte für die Kämmerei und auch für den Gemeinderat eine große Herausforderung dar. Im neuen Haushaltsrecht wird der Haushalt nun in der Form der Doppik dargestellt. Diese Form löst nun endgültig die bis 2019 verwendete Form der Kameralistik ab.
Die Struktur und auch die Vorgehensweise in der neuen Form war für den Gemeinderat neu, aber in anerkennenswerter Weise wurde der Gemeinderat durch den Kämmerer, Herrn Thomann, schon recht früh und immer wieder an das Thema herangeführt. Auch eine ganztägige Schulung hat uns mit den Unterschieden zur Kameralistik und mit den Besonderheiten der Doppik vertraut gemacht. Und in etlichen Vorberatungen in den Ausschüssen sind bereits einige Teilaspekte vorweggenommen worden.
Bisher war das Geldvermögen die Grundlage für die Planung der Haushaltsausgaben. Jetzt wird, zusätzlich zu den Zahlungsvorgängen, auch der Vermögensverzehr dokumentiert. Investitionen bekommen dadurch eine neue Sichtweise. Im neuen Haushaltsrecht müssen die Abschreibungen nun erwirtschaftet werden und liefern bessere Informationen über die Konsequenzen der geplanten Ausgaben. Es wird deutlicher aufgezeigt, ob man sich gewisse Investitionen leisten kann oder wie vermögend die Gemeinde dasteht.
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Der finanzielle Spielraum für die Gestaltung des vorliegenden Haushaltes ist aufgrund einiger Prognosen enger geworden. Die Schlüsselzuweisungen fallen um nahezu 2,0 Millionen Euro geringer aus, und rund 3,9 Millionen Euro weniger sind es bei der Gewerbesteuer. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass die Finanzbehörde in den vergangenen Jahren den Unternehmen teilweise zu hohe Vorauszahlungen auferlegt hatte und nun Rückerstattungen fällig werden.
Ärgerlich ist dabei, dass die Rückerstattungen mit einem sehr hohen Zinssatz versehen sind. Dies macht an Zinsen den Betrag von ca. 800.000 Euro aus. Hinzu kommen im nächsten Jahr noch erhöhte Umlagezahlungen, weil im Jahr 2018 die Gewerbesteuern sehr hoch waren – also ein Worst Case Fall – hohe Umlagen bei geringen Einnahmen. Im neuen Haushaltssystem kann darauf hoffentlich besser mit wirksamen Rückstellungen begegnet werden.
Bei der Aufstellung des Haushaltsplanes erleben wir – mal mehr oder weniger – fast jedes Jahr das gleiche Szenario. Die Prognosen auf der Grundlage der Steuerschätzung vom November mahnen zur vorsichtigen Herangehensweise. Die geplanten Investitionen werden sehr sorgfältig gegen die zu erwarteten Einnahmen abgewogen.
Oftmals verbessert sich die finanzielle Situation dann im Frühjahr, wenn verlässlichere Zahlen vorliegen, was dann häufig in einem hoffnungsvolleren Nachtragshaushalt dargestellt wird. Und letztlich zeigt das resultierende Rechnungsergebnis nochmals ein anders Bild. Wir möchten das einmal am Beispiel des Vorjahres 2018 verdeutlichen – 2018 deshalb, weil für 2019 noch kein Rechnungsergebnis vorliegen kann.
Als Parameter betrachten wir die resultierende Nettoverschuldung, also den Schuldenstand abzüglich der Rücklagen. Der verabschiedete Haushalt 2018 wies einen auf das Jahresende prognostizierten Schuldenstand von 20,8 M€ abzüglich der Rücklagen in Höhe von 0,7 M€, also eine Nettoverschuldung von über 20 M€ aus.
Im Juli wurde ein Nachtragshaushalt verabschiedet, der einen prognostizierten Nettoschuldenstand von 10,7 M€ – also etwa die Hälfte – zeigte. Und in dem vor kurzem festgestellten Rechnungsergebnis für 2018 waren dies nur noch rund 6 M€. Für 2018 zeigten wir damit das beste Ergebnis der vergangenen 18 Jahre.
Fast könnte man in Frage stellen, ob sich der Aufwand der sorgfältigen Erstellung eines Haushaltsplanes lohnt, wenn wir von der Realität so massiv überfahren werden. Natürlich ist ein solcher Verlauf nicht repräsentativ für die anderen Jahre, weil in dem Haushaltsjahr eine ganze Reihe von Einmaleffekten aufgeschlagen haben, und weil Vorhaben nicht in dem Maß umgesetzt wurden, wie sie im Plan vorgesehen waren.
Wir möchten auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass die Sorgfalt für die Erstellung des Haushaltsplans nicht wichtig wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist wichtig diese Unwägbarkeiten zu kennen, um die Lage richtig einschätzen zu können.
Wir unterstützen den Kämmerer in der Auffassung, die erwarteten Einnahmen und geplanten Ausgaben eher konservativ anzusetzen, um vor Überraschungen gefeit zu sein. Außerdem müssen wir bedenken, dass der Konjunkturverlauf in den letzten Jahren stetig nach oben zeigte und zunehmende Einnahmen in die Kasse spülte. Davon sollten wir auf Dauer nicht ausgehen.
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Die Planungen der Investitionen – auch über das laufende Haushaltjahr hinaus – können in der neuen Form besser dargestellt werden, so dass die mittelfristige Finanzplanung mehr an Bedeutung gewinnt. Abzüglich der Einmaleffekte belaufen sich im Haushaltsplan 2020 die Investitionen auf insgesamt 6,4 M€, wobei die größten Brocken die Kindergartenerweiterung mit 3,2 Millionen Euro, gefolgt von der Ausbesserung der Straßen mit ca. 1,3 Millionen Euro sind.
Ich möchte mich nicht so sehr an den Zahlen des diesjährigen Haushaltsplanes aufhalten, sondern mehr den Blick auf die mittelfristigen Aufgaben lenken, wofür wir auch Geld benötigen. Wir müssen daran zu denken, welche Schritte heute zu tun sind, damit wir auf Morgen vorbereitet sind.
Waldbronn steht vor großen Herausforderungen, die in den nächsten Jahren zu bewältigen sind.
- Der Gemeinderat hat beschlossen, die Abteilungen der Feuerwehr in den einzelnen Ortsteilen aufzulösen, und bis 2025 in einem gemeinsamen Feuerwehrgerätehaus zu vereinen. Im Bedarfsplan ist die Anschaffung einer Drehleiter vorgeschrieben und hinzu kommt noch ein zu ersetzendes Löschfahrzeug.
- Es ist erfreulich, dass in Waldbronn wieder mehr Kinder geboren werden. Für die Betreuung werden wir zunehmend mehr Geld bereitstellen müssen. Gegenwärtig sind es die Erweiterung des Kindergartens Don Bosco und die Einrichtung eines Waldkindergartens. Vor uns liegen ein noch Kindergarten-neubau im Rück II und auch eine Kindergartenerweiterung in Etzenrot ist dringend erforderlich. Außerdem ist ein Anbau an der Waldschule Etzenrot geplant, um die notwendigen Kapazitäten für Schule und Kernzeitbetreuung zu schaffen.
- Die klimatischen Veränderungen erfordern die Anpassung und Ergänzung von Regenrückhaltemaßnahmen in allen Ortteilen.
- Bei unseren Friedhöfen stoßen wir laufend an Kapazitätsengpässe, die kurz- und mittelfristige Maßnahmen erfordern.
- Und nicht zuletzt schwebt immer noch das Damoklesschwert der eingegangenen Bürgschaft mit ungeklärtem Ausgang über Waldbronn.
Wie wollen wir all dieses in den nächsten Jahren finanzieren?
Die Gemeinde Waldbronn verfügte in den vergangenen guten Jahren über eine mittlere Investitionskraft in Höhe von ca. 6 bis 7 M€, musste aber, und muss weiterhin, für die Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen schon über 1,5 M€ aufwenden.
Aus der Umsetzung des Baugebietes Rück II werden sicherlich noch einmalige Erlöse und Erstattungen zu erwarten sein. Auch bringt das Baugebiet Rück II und das neue Nahversorgungszentrum in Zukunft zusätzliche Mehreinnahmen in Form von höheren Grundsteuern, mehr Einkommensteuerzuweisungen und auch einen größeren Anteil an der Umsatzsteuer.
Aber wird das reichen, um die Herausforderungen meistern zu können? Nach wie vor teilen wir die Auffassung, dass Waldbronn auch nach den beschlossenen Einsparungsmaßnahmen immer noch über seine Verhältnisse lebt und dass weitere Anstrengungen erforderlich sind, um Waldbronn in eine gute Zukunft zu führen.
Über Schließungen von defizitären Einrichtungen als einzige Möglichkeit nach- zu-denken, führt nicht zu dem gewünschten Erfolg, weil in der Regel bei genauerer Betrachtung ein großer Teil der Aufwendungen erhalten bleibt. Beispielsweise reicht das Abreißen des Eistreffs nicht aus, um Waldbronn finanziell zu retten. Da müsste man auch über weitere Schließungen von Einrichtungen mit noch größeren Defiziten nachgedenken. Aber ob die Bürger das wollen und ob uns das helfen würde, sei dahingestellt.
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Da ist es schon besser, über angepasste Formen des Betriebes dieser Einrichtungen nachzudenken, so wie das an den Beispielen der Musikschule und der Bücherei geschehen ist. Die Angebote der beiden Einrichtungen haben sich den Gegebenheiten angepasst und es können mit einem vergleichbar geringen kommunalen Aufwand weiterhin gute Leistungen angeboten werden.
Ähnliches können wir uns auch beim Eistreff vorstellen. Der Förderverein des Eistreffs hat ein Konzept vorgelegt, den Eistreff in eigener Verantwortung betreiben zu wollen. Aus diesem Konzept kann man erkennen, dass die Wirtschaftlichkeit durch ehrenamtliche Tätigkeit deutlich verbessert werden kann. Für unsere Fraktion ist es eine aussichtsreiche Überlegung, die mit dem finanziellen Angebot von Aldi mehr als konkurrieren kann.
Eigentlich geht es um eine Frage, wann Agilent das Grundstück für zukünftige Erweiterungen wirklich braucht. Wenn dies schon in 3 Jahren der Fall sein sollte, hat der Eistreff keine Chance mehr und es wäre besser Aldi nutzt die Übergangszeit, um einen Interimsmarkt einzurichten. Sollte das aber erst in 10 Jahren der Fall sein, muss gut abgewogen werden, ob wir uns eine Aldi-Lösung leisten wollen und ob es keine sinnvollere Lösung für Aldi geben kann. Man kann davon ausgehen, dass nach 2-3 Jahren Aldi-Nutzung der Betrieb des Eistreffs nicht mehr in Gang zu bringen ist. Dann bliebe für die verbleibende Zeit nur der Anblick einer Ruine oder einer platt gemachten Fläche, die nicht genutzt wird.
Wir glauben nicht, dass das irgendjemand verstehen kann. Dass diese Werte aus einwandfreier Technik und sehr guter Bausubstanz, für die einmal viel Geld ausgegeben wurde, so einfach vernichtet werden. Wir gehen auch nicht davon aus, dass es im Sinne von Agilent wäre, den Eistreff früher als notwendig platt zu machen, wenn es vertragliche Alternativen gibt, um sich das Grundstück zu sichern.
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Das ehrenamtliche Engagement wird aber nicht reichen, um Waldbronn fit für die Zukunft zu machen. Ganz wichtig wird sein, dass wir die begonnenen Strategieberatungen, die in der Haushaltsstrukturkommission als drittes Handlungsfeld angeregt wurde, weiterführen und die mittelfristige bis langfristige Entwicklung in den Blick nehmen.
Der Gemeinderat hat sich bereits in zwei Klausurtagungen damit beschäftigt und Eckpunkte für eine Entwicklungsstrategie angedacht. Einer dieser Themenschwerpunkte war die Unterstützung der Wirtschaft durch die Bereitstellung von Gewerbeflächen.
Dazu müsste die Gemeinde Flächen für Gewerbeansiedlung vorhalten. Der Gemeinderat muss den Weg freimachen, Grundstücke auf der Fleckenhöhe zu kaufen, um sie bei Bedarf umzulegen und den Gewerbetreibenden zur Verfügung zu stellen.
Uns ist klar, dass hierzu auch Mittel erforderlich sind, die zum Teil zwischenfinanziert werden müssen. Aber mit Blick auf die gegenwärtigen Konditionen auf dem Finanzmarkt dürfte das jetzt noch kein großes Thema sein.
Es geht also nicht nur ums Sparen, sondern auch um Investitionen, mit denen man zukünftig Geld verdient.
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Die Fraktion der Aktiven Bürger stimmte dem vorliegenden Haushalt 2020 zu.
Ich möchte mich im Namen der Aktiven Bürger bei Ihnen, Herr Thomann, und ihrem Team für die Aufbereitung des umfangreichen Zahlenwerks bedanken. Danke auch für die Hilfestellungen und Einführungen in die Thematik des neuen Haushaltsrechts.
Bedanken möchten wir uns auch bei allen Amtsleitern und Mitarbeitern der Verwaltung, sowie bei Ihnen, Herr Bürgermeister Masino, für die gute Zusammenarbeit. Weiter sagen wir danke an alle Mitarbeiter von der Gärtnerei, vom Bauhof und von der Kurverwaltung für ihre Arbeit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche im Namen der Fraktion frohe Weihnachten und alles Gute für das kommende Jahr.
Hubert Kuderer, Fraktionsvorsitzender