Haushaltsrede der Fraktion Aktive Bürger Waldbronn, 16. Dez. 2020
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
heute verabschieden wir den zweiten Haushalt, der in der Form der Doppik erstellt wurde. Noch sind wir nicht ganz mit der geänderten Struktur und den neuen Begriffenvertraut, aber es wird immer besser.
Früher hat man, um die Lage der Gemeinde zu beurteilen, den Schuldenstand und die Rücklagen betrachtet. Ergänzend dazu musste allerdings auch der Zustand der Einrichtungen und der Infrastruktur berücksichtigt werden, um ein abgerundetes Bild zu erhalten. In der Struktur des neuen Haushaltsrecht wird dies nun explizit dargestellt.
Die Unterschiede in den alten und neuen Strukturen macht einen Vergleich mit den Festsetzungen früherer Haushaltspläne nicht leicht. Aber wir lernen und wachsen in die neuen Formen der Darstellung hinein.
Was allerdings gleichgeblieben ist, ist das alljährliche Szenario bei der Aufstellung des Haushaltsplanes. Seit Jahren erleben wir eine gewisse Untergangsstimmung zu Beginn der Haushaltsberatungen, weil anscheinend für die geplanten Vorhaben zu wenig Geld bereitsteht. Man streicht Ausgaben und verschiebt Investitionen und endet im Haushaltsplan trotzdem mit einer hohen Verschuldung und meist geringen liquiden Mitteln. Allerdings, wenn dann später abgerechnet wird, sieht die Welt wieder ganz anders aus. Es besteht eine große Diskrepanz zwischen dem Planansatz und dem resultierenden Rechnungsergebnis des endsprechenden Haushaltsjahres.
In meiner Haushaltsrede vom vergangenen Jahr habe ich darauf hingewiesen, dass im Plan von 2018 ein prognostizierter Schuldenstand von 20,8 Millionen Euro abzüglich der Rücklagen in Höhe von 0,7 M€ – also eine Nettoverschuldung von über 20 M€ ausgewiesen wurde. Im festgestellten Rechnungsergebnis für 2018 waren dies nur noch rund 6 Millionen Euro. Für 2019 liegen die Verhältnisse nicht weniger auseinander.
Wir stellen fest, dass der Plan von 2019 einen Schuldenstand von 15,6 Millionen bzw. eine Nettoverschuldung von 14,4 Millionen Euro auswies und das vorläufige Rechnungs–ergebnis für 2019 eine Nettoverschuldung von nur noch 3,2 Millionen Euro zeigte. Das war das beste Ergebnis der vergangenen 20 Jahre und deckt sich in keiner Weise mit dem Planansatz. Über das zu Ende gehende Jahr 2020 lässt sich laut Plan außer dem prognostizierten Schuldenstand von 19,5 Millionen und 11,1 Millionen Euro in den Rücklagen noch nichts aussagen.
Es stellt sich die Frage, welches Bild zeichnen wir damit über den finanziellen Zustand unserer Gemeinde. Wie wird dieses Bild in die Öffentlichkeit transportiert bzw. wie wird es von dieser wahrgenommen?
Wir möchten auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass der Haushaltsplan nicht mit der nötigen Sorgfalt erstellt wird. Uns ist klar, dass es für Prognosen immerUnwägbarkeiten gibt, die nicht einfach abzuschätzen sind, um die Lage richtigeinordnen zu können. Generell neigen wir zurecht dazu, die Situation eher konservativ darzustellen. Aber vielleicht sollten wir uns mehr bemühen über die realen Zahlen aufzuklären.
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Die guten Rechnungsergebnisse der vergangenen Jahre sind allerdings kein Grund zur Euphorie, denn:
Gemeint sind:
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Kommen wir wieder zurück auf die Wirkung des Bildes über die Finanzlage von Waldbronn in der Öffentlichkeit. Eine zu konservative Darstellung der Finanzlage ist unter Umständen verhängnisvoll:
Dazu sagen wir: Es geht nicht nur darum, durch Synergieeffekte wirtschaftlicher zu sein, sondern es gibt auch gute funktionale Gründe. Im beruflichen Umfeld wird heute von den Beschäftigten – dazu gehören auch die Feuerwehrleute – immer mehr Flexibilität und Mobilität abverlangt. Dies hat – ins besonders tagsüber – starke Auswirkungen auf die Einsatzbereitschaft. Kleine Einheiten können dies kaum mehr leisten.
Die Aufgaben der Feuerwehr werden immer komplexer und deren Erfüllung erfordert Spezialisierung. Dies setzt größere Mannschaftsstärken voraus. Eine zusammen–gefasste Feuerwehr Waldbronn wäre somit wesentlich leistungsfähiger.
Außerdem sollten wir berücksichtigen, dass die Verwertung der jetzigen Unterkünfteder Feuerwehr auch zur Finanzierung des Projektes beitragen werden.
Um es klar zu sagen, wir stehen zur Errichtung des gemeinsamen Feuerwehrhauses in dem vorgenommenen Zeitrahmen.
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Wie festgestellt, ist die finanzielle Lage der Gemeinde Waldbronn weiterhin angespannt und es gibt keinen Grund zur Gelassenheit. Wir werden uns weiter anstrengen müssen, um auf lange Sicht einen stabilen und nachhaltigen Haushalt zu ermöglichen. Wir müssen einen Weg finden, um die Aufgaben der Gemeinde auskömmlich und nachhaltig zu finanzieren.
Dazu müssen alle Leistungen mit Blick auf Kosten, Nutzen und Ressourcenverbrauchauf den Prüfstand. Es wird nicht ausbleiben, dass man Teile der Infrastruktur umbauen oder gar abbauen muss. Nicht zuletzt muss man auch über die Erhöhung der Abgaben nachdenken, um die Aufgaben auskömmlich zu finanzieren.
Der Konsolidierungsprozess hat längst begonnen und wird noch lange Zeit andauern. Bisher hat man mit der Umstrukturierung von Einrichtungen gute Erfolge erzielen können. Darauf darf man sich allerdings nicht ausruhen, sondern muss weitere Handlungsfelder aufgreifen. Ein solches Handlungsfeld ist auch die Überprüfung der Einnahmenseite.
Die Aktiven Bürger haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass beispielsweise die Einnahmen aus Gebühren, Entgelten, Mieten und Pachten – über einen längeren Zeitraum betrachtet – teilweise rückläufig waren oder sich zumindest weit unter der allgemeinen Kostensteigerung entwickelt haben.
Die Gemeinde ist zur Erfüllung ihrer umfangreichen Aufgaben darauf angewiesen in bestimmten Bereichen auf Kostendeckung zu achten. Bei einigen Leistungen, bei denen Kostendeckung durch Gebühren angestrebt wird, sind wir teilweise noch weit entfernt.
Somit verbraucht die Gemeinde Steuergelder für die betreffenden Leistungen in nicht zu vertretendem Maße. Entsprechende Anpassungen werden bereits vorgenommen undwerden in naher Zeit weiter vorgenommen werden müssen.
Der Gemeinderat hat die Hebesätze für die Grundsteuer A+B überprüft und mehrheitlich beschlossen, diese um 50 Punkte auf 470% anzuheben. Diese Erhöhung bringt der Gemeinde jährliche Mehreinnahmen in Höhe von 250.000 €. Auf ca. 5.000 Haushalte umgelegt, beträgt die Erhöhung durchschnittlich ungefähr 50 € pro Jahr.
Den Hebesatz für die Gewerbesteuer hat der Gemeinderat mehrheitlich um 20 Punkte auf 420% angehoben. Die zu erwartenden Mehreinnahmen liegen hier ebenfalls bei ca. 250.000 €. Die Hundesteuer wurde nun nach 25 Jahren um ca. 12% erhöht.
Die Anpassung der Friedhofsgebühren wurde ebenfalls beschlossen. Es wurde angestrebt, die anfallenden Kosten zu 80% durch die angepassten Gebühren zu decken. Damit verfolgen wir auf gleichem Ansatz, wie unsere Nachbargemeinde Karlsbad.
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Reicht das alles aus, um Waldbronn in eine gute Zukunft zu führen?
Das neue Haushaltsrecht sieht vor, dass sich der Gemeinderat verstärkt mit der strategischen Ausrichtung der Gemeinde und den daraus resultierenden Zielen befasst. Zu diesem Zweck hat der Gemeinderat bereits im Sommer eine Klausurtagung durchgeführt, um aus dem Ergebnis einer Wirkungsbeitragsanalyse Schlüsselprodukte zu definieren und zu bewerten. Die Ziele und Kennzahlen zu diesen Schlüsselprodukten können dem Gemeinderat und der Verwaltung als Kontroll- und Steuerungsinstrument dienen.
Allerdings kann diese Methode nicht das alleinige Kriterium sein, denn sie sagt nichts darüber aus, wie wirtschaftlich oder effizient eine wichtige oder hochbewertete Aufgabe umgesetzt wird oder umgekehrt was die Folgen sind niederbewertete Aufgaben außer Acht zu lassen. Nur in Pflicht- und freiwillige Aufgaben zu unterscheiden und allein daraus Prioritäten abzuleiten wäre ebenfalls unbegreiflich.Wir werden uns schon die Mühe machen müssen, die Sachverhalte vielschichtig zu betrachten und einzuordnen.
Das Rechnungsamt hat mit Einführung des neuen kommunalen Hausrechts einen Haushaltsquerschnitt bereitgestellt. Anhand dieses Querschnitts ist nachvollziehbar, welcher Ressourcenbedarf die einzelnen Produkte – früher waren das die Haushaltsstellen – verursachen. Es wird ein wichtiges Instrument sein, um Potential für Einsparungen, für Anpassungen von Leistungen und auch deren Finanzierung zu erkennen.
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Auf der anderen Seite ist es aber auch erfreulich, dass sich bereits eingeleitete Umstrukturierungsmaßnahmen im Ressourcenbedarf positiv auswirken.
Für die Musikschule geben wir nur noch 33.500 € verglichen mit über 300 T€ in früheren Jahren aus. Oder bei der Bücherei sind es nur noch 11.500 € verglichen mit über 160 T€ aus früheren Zeiten. Und auch beim Eistreff dürften sich die Aufwendungen enorm verringern.
All das reicht noch nicht aus, um Waldbronn sicher in die Zukunft zu führen. Ganz wichtig wird sein, dass wir die begonnenen Strategieberatungen, die in der Haushaltsstrukturkommission als drittes Handlungsfeld angeregt, weiterführen und die mittelfristige bis langfristige Entwicklung in den Blick nehmen.
Der Gemeinderat hat sich bereits in zwei Klausurtagungen damit beschäftigt und Eckpunkte für eine Entwicklungsstrategie angedacht. Einer dieser Themenschwer–punkte war die Unterstützung der Wirtschaft durch die Bereitstellung von Gewerbeflächen.
Es geht also nicht nur ums Sparen und um die Erhöhung der Gebühren, sondern es geht auch um Investitionen, mit denen man zukünftig Geld verdient. Dazu passt ganz treffend ein Zitat von Andre‘ Kluge, er war früher ein erfolgreicher Radsportler und ist heute ein gefragter Trainer für Unternehmenskommunikation. Er sagt:
„Jede Ersparnis beginnt mit einer Investition“
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Die Fraktion der Aktiven Bürger stimmt dem vorliegenden Haushalt 2021 und auch dem Wirtschaftsplan 2021 des Eigenbetriebs Gemeindewerke Waldbronn Wasserversorgung zu.
Ich möchte mich im Namen der Aktiven Bürger bei Ihnen, Herr Thomann, und ihrem Team für die Aufbereitung des umfangreichen Zahlenwerks und ihren Hilfestellungen in der Erklärung der Zusammenhänge im neuen Haushaltsrecht bedanken.
Bedanken möchten wir uns auch bei allen Amtsleitern und Mitarbeitern der Verwaltung, sowie bei Ihnen, Herr Bürgermeister Masino, für die gute Zusammenarbeit. Weiter sagen wir danke an alle Mitarbeiter von der Gärtnerei, vom Bauhof und von der Kurverwaltung für ihre Arbeit zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche im Namen unserer Fraktion frohe Weihnachten und alles Gute für das kommende Jahr. Bleiben Sie gesund und hoffen wir auf die Rückkehr der Normalität.
gez. Hubert Kuderer, Fraktionsvorsitzender